Syrien-Treffen in Wien:Der Weg aus der Hölle wird lang und steinig

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Der Verhandlungstisch ist gedeckt: US-Außenminister John Kerry mit seinem österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz bei einem Treffen in Wien am 29. Oktober 2015. (Foto: dpa)

Am Freitag beraten die Außenminister der Länder, die im syrischen Bürgerkrieg mitmischen. Doch ihre Interessen sind ebenso unvereinbar wie die der Kriegsparteien.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

US-Außenminister John Kerry hat das Ziel vorgegeben: Einen "Ausweg aus der Hölle" müsse die Syrien-Konferenz an diesem Freitag in Wien weisen. So sehr das den Syrern zu wünschen ist, so unwahrscheinlich sind schnelle Ergebnisse bei dem Versuch, diesen seit viereinhalb Jahren tobenden Krieg zu beenden. Zwar ist es schon ein Fortschritt, dass sich erstmals alle wichtigen externen Akteure in diesem Konflikt bereitfinden, an einem Tisch zu sitzen und miteinander zu reden. Allerdings sind die Interessen der Kriegsparteien in Syrien nach wie vor kaum miteinander zu vereinbaren - und ebenso wenig die ihrer jeweiligen internationalen Unterstützer.

Einigkeit sollte sich vielleicht noch über das Ziel herstellen lassen, die Terrormiliz Islamischer Staat zu bekämpfen. Doch ist nach vier Wochen russischer Luftangriffe in Syrien klar, dass dies weder für Machthaber Baschar al-Assad noch für den russischen Präsidenten Wladimir Putin derzeit Priorität hat. Sie verwenden ihre Kräfte vor allem darauf, jene Rebellengruppen zurückzuschlagen, denen es in der ersten Jahreshälfte erstmals gelungen war, das Regime ernsthaft in Bedrängnis zu bringen. Viele der russischen Bomben treffen Gruppen, die gegen den IS kämpfen.

Ein Ende des Krieges ist nur ohne den Diktator möglich

Schwieriger noch wird es mit Plänen für den politischen Übergang und eine Nachkriegsordnung. Syriens Einheit und die staatlichen Strukturen sollen erhalten bleiben. Sie zu zerschlagen, wäre fatal, diesen Fehler haben die USA im Irak gemacht und damit indirekt auch dem Aufstieg des Islamischen Staates Vorschub geleistet. Zentraler Streitpunkt bleibt aber die Rolle des Assad-Clans, der Syrien mit eiserner Faust beherrscht, seit Baschars Vater Hafis al-Assad sich 1971 an die Macht putschte.

Das diktatorische Regime, das er errichtete, stützte sich auf Charisma und Personenkult. Zugleich betrieb er den Staat, zuvorderst den allmächtigen, gefürchteten Sicherheitsapparat, als Familiengeschäft. Er stützte sich auf Stammesloyalitäten und nicht zuletzt auf die Sekte der Alawiten, auch wenn die herrschende Baath-Partei und das Regime sich immer säkular gaben.

Baschar al-Assad hat sich nach dem Tod seines Vaters im Jahr 2000 dieses Regime zu eigen gemacht und jeden inneren Widerstand gebrochen. Für ihn ist jede Lösung inakzeptabel, die den Verlust der tatsächlichen Macht in Syrien bedeutet. Es ist eine naive Wunschvorstellung, er ließe sich zum Frühstücksdirektor degradieren.

Die USA haben nicht genug Einfluss, um die Rebellen zum Frieden zu zwingen

In einer Nachkriegsordnung, die Syriens Demografie spiegelt mit ihrer großen Mehrheit sunnitischer Muslime, werden weder Iran noch Russland ihre Interessen wie bisher berücksichtigt finden. Für Iran ist Syrien das Hinterland der Hisbollah, über das Waffen für den Kampf gegen Israel nach Libanon gelangen. Für Russland ist es politischer Partner, vor allem aber Waffenkäufer. Zudem unterhält Moskau einen Marinestützpunkt in Tartus, den einzigen im Mittelmeer. All das hätte sich wahren lassen. Bis sich Putin auf Gedeih und Verderb auf Assads Seite schlug - um nun nebulös anzudeuten, es gehe nicht um dessen Person.

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Für die überwiegend sunnitischen Rebellen ist jede Ordnung inakzeptabel, in der Assads Regime erhalten bleibt. Sie sehen, stärker als das Regime, den Krieg als Auseinandersetzung zwischen den islamischen Glaubensrichtungen - und fühlen sich darin bestärkt durch die Rolle der schiitischen Führungsmacht Iran und nun auch das Eingreifen Russlands.

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Die Amerikaner haben bei Weitem nicht den Einfluss, um eine Mehrheit der Rebellen in einen Frieden zu zwingen. Die Golfstaaten unter Führung Saudi-Arabiens haben daran kein Interesse. Riad deklariert die Gespräche in Wien zum Test für Irans Intentionen. Dieser besteht allein darin, ob Teheran bereit ist, Assad fallen zu lassen. Der Weg aus der Hölle, so ist zu fürchten, wird lang und steinig werden.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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